Mann in Natur hält Gesicht in beiden Händen, Kopf nach hinten geneigt. Dämmerung, Sonnenuntergang.

Corona — Sportlern bleibt nur Geduld

Wer seinen Körper zu früh wieder der Trainingsbelastung aussetzt, riskiert nachhaltige Schäden. Das gilt auch für Leistungssportler. Auffällig schwer tun sich Fußballspieler.

Eigent­lich hat­te Jens Wage­ner nur einen mit­tel­schwe­ren Ver­lauf. Ins Kran­ken­haus oder ans Beatmungs­ge­rät muss­te der 52-Jäh­ri­ge nicht, als er Mit­te April an Covid-19 erkrank­te. Statt­des­sen zehn Tage Bett­ru­he. „Ich fand es schon hef­tig“, gibt er zu. Hef­tig, aber eben nicht lebens­be­droh­lich. Vier­zehn Tage nach Ende der Sym­pto­me trai­nier­te der Hob­by-Tri­ath­let erst­mals wieder.

„Danach lag ich wie­der zwei, drei Tage nur im Bett, die Mus­kel­schmer­zen waren so hef­tig.“ Also wie­der Erho­lung. Anschlie­ßend der nächs­te Ver­such, zu trai­nie­ren, die­ses Mal bloß eine hal­be Stun­de Rad­fah­ren. Aber die Schmer­zen blie­ben. „Ich habe vier, fünf Anläu­fe ver­sucht, es ist immer in die Hose gegan­gen.“ Hin­zu kam die Müdig­keit als stän­di­ger Beglei­ter. Bis heu­te ist für Jens Wage­ner an Sport nicht zu denken.

Wage­ner, 52 Jah­re, aus Geln­hau­sen, ist einer von schät­zungs­wei­se zwei Mil­lio­nen Men­schen in Deutsch­land, die am Post-Covid-Syn­drom (PCS) erkrankt sind. Das sind unge­fähr fünf bis zehn Pro­zent der Infi­zier­ten. Zur Erin­ne­rung: Der Ober­be­griff für Beschwer­den, die auch vier Wochen nach der Anste­ckung noch oder wie­der auf­tre­ten, ist Long Covid. Ab drei Mona­ten nach der Infek­ti­on spricht man von Post Covid. Die häu­figs­ten Sym­pto­me neben Müdig­keit und Atem­not sind Mus­kel­schmer­zen, Brust­schmer­zen und „Bra­in­fog“, also ein „ver­ne­bel­tes Gehirn“.

Eigenes Körpergefühl kann täuschen

Fra­gen rund um das sport­li­che Come­back nach einer Coro­na-Infek­ti­on dis­ku­tier­ten am Mon­tag­abend im Frank­fur­ter Wald­sta­di­on Exper­tin­nen und Exper­ten aus Wis­sen­schaft und Sport. Orga­ni­siert hat­te die Ver­an­stal­tung, die im Rah­men einer wis­sen­schaft­li­chen Tagung der Deut­schen Gesund­heits­zen­tren statt­fand, Andre­as Zei­her, Pro­fes­sor für Inne­re Medi­zin und Kar­dio­lo­gie am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Frank­furt. Rund 50 Inter­es­sier­te hat­ten sich ein­ge­fun­den, dar­un­ter vie­le mit eige­ner PCS-Geschichte.

Die drän­gends­te Fra­ge gleich zu Beginn: Ab wann dür­fen die Lauf­schu­he wie­der geschnürt und das Renn­rad aus dem Kel­ler geholt wer­den? „Nach einer leich­ten Infek­ti­on soll­te man fünf Tage pau­sie­ren, bei deut­li­che­ren Sym­pto­men zwei, drei Tage län­ger“, sagt Sport­kar­dio­lo­ge Mar­tin Hal­ler aus Mün­chen. Für unge­impf­te Per­so­nen ver­dop­pe­le sich die Anzahl der emp­foh­le­nen Ruhe­ta­ge. „Sport­le­rin­nen und Sport­ler dür­fen Covid-19 nicht unter­schät­zen, auch wenn sie kei­ne Sym­pto­me hatten.“

Das eige­ne Kör­per­ge­fühl kön­ne trü­gen: „In mei­ner Ambu­lanz erle­be ich immer wie­der, dass auch bei Pati­en­ten, die sich gut füh­len, eine Herz­mus­kel­ent­zün­dung fest­ge­stellt wird.“ Wer Brust­schmer­zen oder Benom­men­heit ver­spü­re, soll­te sich vor der Wie­der­auf­nah­me des Trai­nings in ärzt­li­che Unter­su­chung bege­ben, es kön­ne sich dabei um Herz­er­kran­kun­gen han­deln. Älte­re Men­schen müs­sen laut Hal­ler nicht acht­sa­mer sein als ande­re: „Da gibt es kei­ne Unterschiede.“

Erkrankte Fußballer tun sich schwer

Wer sei­nen Kör­per zu früh wie­der der Trai­nings­be­las­tung aus­setzt, ris­kie­re nach­hal­ti­ge Schä­den. Das gel­te auch für Leis­tungs­sport­ler: Als Fuß­bal­ler Joshua Kim­mich im Dezem­ber 2021 nach einer Infek­ti­on wie­der ins Trai­ning ein­stei­gen woll­te, brems­te ihn eine Lun­gen­in­fil­tra­ti­on aus.

Auch bei Ein­tracht Frank­furt ist das PCS natür­lich The­ma: „Bis­her hat­ten wir kei­ne Post-Covid-Fäl­le“, berich­te­te Mann­schafts­arzt Win­fried Ban­zer. Das lie­ge auch dar­an, dass Pro­fi­fuß­bal­ler „extrem gut unter­sucht wer­den“. Auf­fäl­lig­kei­ten wür­den durch die enge medi­zi­ni­sche Betreu­ung früh­zei­tig erkannt, auch asym­pto­ma­ti­sche Ver­läu­fe iden­ti­fi­ziert. Eine Vor­aus­set­zung für Spit­zen­leis­tun­gen: Laut einer Stu­die von 2021, in der Bun­des­li­ga- und Serie-A-Spie­le unter die Lupe genom­men wur­den, spie­len erkrank­te Fuß­bal­ler auch ein hal­bes Jahr nach der Infek­ti­on noch signi­fi­kant weni­ger Päs­se und lau­fen weni­ger Kilo­me­ter als vor der Erkran­kung. Die Unter­schie­de waren grö­ßer als nach übli­chen Verletzungen.

Sich schon bald nach einer Erkran­kung am zuvor gewohn­ten Leis­tungs­ni­veau zu mes­sen sei daher weder kör­per­lich noch psy­cho­lo­gisch rat­sam, sagt Win­fried Ban­zer. Sein nüch­ter­ner Rat: „Sport­ler müs­sen gedul­dig sein.“

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